Es gibt Häuser, denen man es ansieht oder von denen man weiss, dass sie Geschichte haben, und es gibt Häuser, von denen man nicht denkt, dass sie eine Geschichte haben. Eines davon ist das Haus an der Schinenbergstrasse 4. Dort drin lebt heute die Familie Plüer mit ihrem Hund Mäx.
Es wurde kurz vor 1900 erbaut und wurde immer als Wohnhaus genutzt. Früher war darin auch die Jugenddisco untergebracht, nämlich dort, wo heute die Werkstadt von Kurt Plüer ist. Dort stellt er seine Holzsterne her, die er immer am Tägerwiler Weihnachtsmarkt verkauft. Kurt Plüer spricht als einer der wenigen hier in Tägerwilen noch den Dialekt der Region, den Thurgauer Dialekt. Da er, wie schon gesagt, einer der wenigen ist, hab ich ihn gefragt, ob er uns etwas über das Haus in seinem Dialekt erzählen kann.
Kurt Plüer erzählt:
Als das Haus erbaut wurde, gehörte es August und Susanne Müller, die mit ihren 4 Kindern dort wohnten. Während eines Winters stürzte die Mauer auf der Nordseite ein, wodurch es unglaublich kalt im Haus wurde. Da die Familie nicht sehr viel Geld hatte, haben sie die Wand notdürftig mit Jutesäcken geflickt. Daraufhin kaufte ihnen Hermann Böhi, der Urgrossvater des heutigen Besitzers Kurt Plüer, das Haus mit dem Land ab und renovierte es gleich. In den 60iger Jahren kaufte der Sohn von Hermann Böhi das Haus und zog mit seiner Frau Maria ein. 1991 verkaufte Maria das Haus an ihren Enkel Kurt Plüer mit seiner Familie, die heute noch darin wohnt.
Maria Böhi war im ganzen Dorf für ihre humorvolle Art bekannt. Sie arbeitete auf den Feldern der Familie Lorenz. Bevor sie und ihr Mann das erwähnte Haus kauften, bewohnten sie ein Bauernhaus, das sich ca. 300m süd-westlich davon befand. Dieses wurde für eine Zivilschutzübung absichtlich abgebrannt, weil es nicht mehr gebraucht wurde.
In den 1960er sind, auf unerklärliche Weise, Katzen in die Hohlwände des Gebäudes gekommen. Die Grossmutter, die in dem Haus wohnte, hörte das Miauen und rief den Schreiner an. Herr Gschwend, der Vater des heutigen Chefs der Schreinerei Gschwend, schnitt die Wand auf und rettete die Tiere. Anscheinend erwischte er nicht alle, denn bei der Renovierung durch Kurt und Annemarie Plüer wurde ein Katzenskelett gefunden.
1972–75 wurde im Keller des Hauses ein “Jugendkeller” betrieben. Meistens kamen zwischen Freitag und Samstag Leute aus Tägerwilen, Kreuzlingen und teilweise auch aus Konstanz, hierher um zu tanzen und zu feiern. Grossmutter Böhi passte immer auf, dass alles mir rechten Dingen her und zu ging. Dieser Jugendkeller war auch der Proberaum der Hedgehogs, einer Tägerwiler-Band, die in einem Teil der Ostschweiz, vorwiegend aber im Thurgau bekannt war. Von ihnen kommt unter anderem auch der untenstehende Song. Es war der einzige, den wir auftreiben konnten…
(ck)